Volunteering & Reisetipps
Welche Erwartungen hast du?

Welche Erwartungen hast du?

Es gibt gute Gründe, an einer Freiwilligenarbeit im Ausland teilnehmen zu wollen. Wer aber falsche Erwartungen mitbringt, kann leicht enttäuscht werden. Um dem vorzubeugen, solltest du die folgenden Punkte beachten.  

Von Marius Rautenberg, Januar 2017

Freiwilligenarbeit dient nicht dazu, die Welt zu retten

Es ist toll, wenn du an einem Projekt mitarbeiten möchtest, das du für sinnvoll hältst. Damit hast du die Möglichkeit, Arbeitsabläufe und Problemlösungen in einem neuen Umfeld kennenzulernen und diese Erfahrungen mit nach Hause zu nehmen.  

Bestimmt kannst du auch mit kreativen Ideen und anpackenden Händen das Projekt weiterbringen. Deine Erfahrungen können eine wertvolle Bereicherung für das Projekt darstellen. Doch sei dir bitte bewusst: Die Einrichtungen sind auf sehr langfristige Dauer angelegt. Deine Unterstützung wird nicht die Welt retten. Was du aber leisten kannst: Die Menschen im Projekt konkret zu unterstützen.

Wir von ManaTapu sind keine Organisation für Entwicklungshilfe. Wir ermöglichen Freiwilligenarbeit, Auslandspraktika und Sabbaticals über Ländergrenzen hinweg und unterstützen unsere Projekte so gut wie möglich. Das bedeutet auch, Kontakt zu weiterführenden Initiativen und Organisationen zu knüpfen, die den Projekten zusätzliche Perspektiven ermöglichen. Die Vorstellung, tiefergehende politische und strukturelle Ursachen von sozialen Problemen, Umweltzerstörung und ähnlichem beheben zu können, wäre aber zu weit gegriffen.  

Was Freiwilligenarbeit hingegen vermag, ist das Bewusstsein für solche Fragen schärfen. Wir wählen unsere Projekte nach Kriterien der sozialen Verantwortung und Nachhaltigkeit aus, mit dem Ziel, „Mindful Volunteering“ zu ermöglichen – also eine achtsame Freiwilligenarbeit, bei der du an sinnvoller Stelle in einem Projekt unterstützend tätig bist. Das ist die Voraussetzung, damit du und die Einrichtungen gleichermaßen profitieren.

Zusammenarbeit auf Augenhöhe

Viele Dinge laufen in Lateinamerika anders als in Europa. Der materielle Wohlstand ist im Schnitt niedriger, Infrastruktur und öffentliche Versorgung weniger stark ausgebaut. Dafür sind soziale und familiäre Bindungen oft wichtiger. Nur weil vieles für Europäer*innen ungewohnt ist, heißt das nicht, dass die Menschen ihren Alltag nicht selbstbewusst gestalten könnten. Es ist keineswegs so, dass du dich aus einem reichen Land zu bedürftigen Menschen begibst.  

Eine solche Einstellung schürt nur Vorurteile und Misstrauen auf beiden Seiten. Sei bereit, mit den Menschen vor Ort auf Augenhöhe zusammenzuarbeiten, lasse dich respektvoll auf sie ein und würdige, was sie täglich leisten. Auch wenn es mal Probleme gibt, versuche, diese zu verstehen und einen Dialog zu starten, anstatt von außen vorschnelle Urteile zu treffen. Das ermöglicht es überhaupt, die Ursache für die bestehenden sozialen Verhältnisse in globalen Zusammenhängen zu erkennen und in deinem Projekt wirksam mitarbeiten zu können.

Ein kleiner Kulturschock gehört mit dazu

Allein in ein fremdes Land zu reisen, ist nicht immer einfach. Unsere Teams stehen dir bei Schwierigkeiten zur Verfügung, dies ist aber nicht vergleichbar mit einer rund-um-die-Uhr-Vollbetreuung. Auch wenn wir dir eine Anlaufstelle bei Fragen und Problemen bieten, kann es trotzdem gerade in der Anfangszeit mal vorkommen, dass du dich etwas verloren fühlst. Dieser Kulturschock ist ganz normal. Je besser du dich vorher über das Land informiert hast, umso einfacher wird es dir fallen, dich auf die Herausforderungen einzulassen.  

Bevor du vorschnell dein Projekt wieder verlässt, solltest du dir also erst mal Zeit nehmen, richtig anzukommen und alle Abläufe kennenzulernen. Oft braucht es einfach eine Eingewöhnungsphase von mehreren Wochen, bis du im Alltag angekommen bist. Wenn du nach einer Zeit trotzdem merkst, dass das Projekt und die Umgebung einfach nicht zu dir passen, sprich uns an, damit wir gemeinsam eine Lösung finden können.

Deine Geduld ist gefragt

Wir werden dich bei allen deinen Schritten bestmöglich unterstützen. Aber sei dir bewusst, dass es für einige Situationen keine 100-prozentige Planungssicherheit gibt. Möglicherweise kann es Verzögerungen im Ablauf geben oder es gibt Verständnisschwierigkeiten. Gehe in solchen Fällen geduldig und konstruktiv vor und schließe sinnvolle oder gleichwertige Alternativen nicht kategorisch aus.  

Sag unseren Teams und dem Büro in München Bescheid, wenn es Schwierigkeiten gibt. Das ermöglicht es uns überhaupt erst, für deine Belange zu arbeiten. Geduld und Flexibilität gehören aber manchmal dazu – auch in persönlichen Gesprächen vor Ort. Fordere Gefallen nicht einfach wie selbstverständlich ein, sondern frag nach, was ihr gemeinsam zur Lösung unternehmen könnt.

Das Projekt rechnet mit dir

Wer in ein fernes Land reist, möchte natürlich auch etwas erleben. Es liegt nahe, spannende Ausflüge zu unternehmen oder mal feiern zu gehen. Dafür wirst du auch neben deinem Projekt an den Abenden und Wochenenden Zeit haben.  

Aber bitte denke daran, dass die Einrichtung mit deiner Teilnahme rechnet und deine Anwesenheit für einen längeren Zeitraum einplant. Du solltest daher nicht einfach der Arbeit fernbleiben, nur weil du gerade etwas anderes machen möchtest. Das kann zum Beispiel dazu führen, dass das Personal plötzlich auf sich allein gestellt ist, obwohl ihr vorher gemeinsame Pläne für den Ablauf ausgemacht habt. Du solltest mit der Ernsthaftigkeit an die Arbeit gehen, die du auch bei einem Job in Deutschland an den Tag legen würdest.

Du wirst verreisen, nicht deine Eltern

Wir bekommen oft Anrufe von Eltern, die sich für ihre Kinder über eine mögliche Teilnahme informieren wollen. Es ist gut, wenn dich deine Eltern unterstützen und du dein Vorhaben mit ihnen absprichst.  

Aber lass dir deine Reisevorbereitungen nicht abnehmen, nur weil dir gesagt wird, dass du mal etwas Lebenserfahrung sammeln oder einen Auslandsaufenthalt in den Lebenslauf schreiben solltest. Die selbstständige Planung der Reise ist wichtig, um vorab mögliche Herausforderungen zu erkennen und sich voll mit dem Vorhaben identifizieren zu können. Entscheidend ist, was DU willst. Wenn du dich nur zu einer Reise überreden lässt, ohne wirklich dahinter zu stehen, kannst du leicht enttäuscht werden.

Auf ins Projekt!

Du hast schon eine gute Vorstellung davon, wie deine Teilnahme aussehen soll? Dann kann es losgehen. Schreib dein Motivationsschreiben, mit dem du dein Vorhaben festhältst und brich auf nach Lateinamerika.