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Interview: Soziale Arbeit mit Kindern in Costa Rica

Interview: Soziale Arbeit mit Kindern in Costa Rica

Unsere Reporterin Konni arbeitet in einem sozialen Projekt für Kinder in Costa Rica. Im Interview spricht sie mit der Erzieherin Jessica Lopez Sanchez.

Konni: Die Kinderbetreuung in der Einrichtung ist kostenlos: Was für Kinder werden hier aufgenommen? Und wie viele Kinder betreut ihr insgesamt?

Jessica: Zu uns kommen Kinder aus sozial schwachen Familien, maximal 150. Sie sind zwischen drei Monaten und zwölf Jahren alt. Die Eltern haben wenig Geld. Oft verschwindet der Vater plötzlich spurlos und die Mutter muss die Kinder alleine großziehen. Manche Väter oder Mütter trinken und schlagen ihre Kinder. Einige der Kleinen haben psychische Probleme und müssen Medikamente nehmen.

Konni: Betreut ihr auch Straßenkinder oder Waisen?

Jessica: Nein, alle Kinder haben ein Zuhause, wenn auch manchmal kein schönes...

Konni: Wie sieht die Betreuung bei euch konkret aus?

Jessica: Wir bieten eine ganzheitliche Betreuung an. Das heißt, wir stellen den Kindern mehr als ein Dach über dem Kopf, Spielzeug und etwas zu essen zur Verfügung - zum Beispiel erhalten sie je nach Alter Unterstützung und Anregung bei der frühkindlichen Entwicklung, Hilfe bei der Verbesserung der Feinmotorik, Unterstützung bei den Hausaufgaben oder Prüfungsvorbereitungen. Die Kinder lernen in ihren Gruppen alles, was ihrem Alter entspricht und was vielleicht zu Hause versäumt wurde. Möglichkeiten der persönlichen Weiterentwicklung, Bildung und gute Umgangsformen in einer sicheren, freundlichen, kindgerechten Umgebung sind uns sehr wichtig.

Konni: Wie viele verschiedene Gruppen habt ihr denn?

Jessica: Unsere Kinderkrippen-, Kindergarten-, Vorschul- und Schulkinder sind je nach Alter in insgesamt sieben Gruppen untergebracht. Viele Kinder bleiben hier mehrere Jahre und wandern dann bis in die Gruppe mit den ältesten Kindern, die vorm oder nach dem Unterricht zu uns kommen.

Konni: Wie entstand eigentlich dieses Zentrum?

Jessica: Unsere Direktorin hatte immer schon davon geträumt, einen Kindergarten für Kinder aus armen Familien zu eröffnen. 2005 gründete sie dann die erste Tagesstätte in einer umgebauten Garage, kurze Zeit später kaufte sie das Haus, in dem wir heute sind. Allerdings gab es damals keine finanzielle Unterstützung vom Staat, und die Eltern mussten etwas für die Betreuung bezahlen. Ein paar Jahre später, als sich einige Gesetze änderten, wurde dieses von der Regierung unterstützte Projekt ins Leben gerufen.

Konni: Das heißt, ihr bekommt jetzt Geld vom Staat?

Jessica: So ist es. Aber das Leben in Costa Rica ist teuer, und es müssen zum Beispiel 28 fest angestellte Mitarbeiter, das Essen, Spielzeug, Möbel, Transport sowie Reparaturarbeiten am und im Haus bezahlt werden.

Konni: Transport? Werden die Kinder von zu Hause abgeholt?

Jessica: Ja, wenn die Eltern sie nicht hierher bringen können, werden die Kinder mit dem Kleinbus von zu Hause abgeholt und auch wieder zurückgebracht. Die Schulkinder, die nur früh oder nachmittags – je nach Stundenplan - hier sind, werden zur Schule gefahren, von dort abgeholt, hierher gebracht und später nach Hause gefahren. Für diesen Service zahlen die Eltern etwas, aber sehr wenig.

Konni: Das ist ein toller Service!

Jessica: Wir tun sehr viel für die Kinder und ihre Familien.

Konni: Und ihr werdet ja auch schon seit Jahren von Volunteers aus aller Welt unterstützt.

Jessica: Ganz genau! Die Freiwilligen, die oft frisch von der Schule kommen, helfen uns sehr. Sie werden einer bestimmten Gruppe zugeteilt, in der sie dann ein paar Wochen oder Monate arbeiten. Das ist wichtig, um eine Bindung zu den Kindern aufzubauen. Obwohl einige Freiwillige nur sehr wenig Spanisch sprechen, können sie sich mit den Kindern (mit Händen und Füßen) verständigen. Das funktioniert immer, auch wenn ich es manchmal kaum glauben kann. Und wir lernen gegenseitig voneinander. Für mich ist es immer wieder spannend, andere Sichtweisen und Kulturen kennenzulernen. Also, eine echte Bereicherung für alle.

Konni: Wie lange arbeitest du schon in der Kindertagesstätte?

Jessica: Seit neun Jahren. Und ich bin sehr stolz darauf, dass ich die Kinder auf ihrem Lebensweg begleiten kann. Manchmal ist es anstrengend, aber ich bekomme sehr viel zurück. Zum Beispiel ist es toll, wenn ältere Kinder zu mir kommen und sagen: "Danke, Jessica, dass du mir soviel beigebracht hast!" In den neun Jahren konnte ich mich auch selbst – sowohl beruflich als auch persönlich – weiterentwickeln. Die Einrichtung ist wie ein Familie für mich!