Leonie im Kunst- und Hundeprojekt

Leonie hat sieben Wochen in unserem Kunst- und Hundeprojekt in Ecuador gearbeitet. Nach der Rückkehr berichtet sie von Eingewöhnungsschwierigkeiten, vielen schönen Momente mit den Kindern in Salinas und einzigartigen Erfahrungen mit der ecuadorianischen Lebensart.

Von Leonie, Februar 2018

ManaTapu: Wie hat dir der tägliche Ablauf und die Arbeit in deinem Projekt gefallen?

Leonie: Los ging es morgens ab halb neun oder neun. Üblicherweise spielen die Kinder verstecken bis man kommt, oder bis alle restlichen eintreffen. Dann ging der Tagesablauf mit einer Gebetsrunde los, in der jeder einzelne sagen konnte, wofür er heute dankbar ist. Danach starteten wir ein paar lockere Aufwärmübungen und beanspruchten die verschiedenen Körperteile durch Dehnen oder Kreisen. Darauf folgte der, bei den Kindern wohl beliebteste Teil, nämlich das Tanzen. Jeder darf einzeln zu einem Lied tanzen und die anderen schauen ihm zu. Zuerst mit einem Stock als Hilfsmittel, dann mit Maske und Umhang und zu guter letzt alleine.
Nachdem alle nun mehr oder weniger körperlich ausgepowert waren, ging es um 10:30 Uhr zum Lunch. Die Kinder essen, was sie von daheim mitbekommen haben und reden darüber, was sie die letze Woche oder am Wochenende unternommen haben oder worauf sie sich in baldiger Zukunft freuen. Generell erzählen sie viel von ihren Familien. Wenn alle aufgegessen haben, geht es dann endlich ans Malen und Zeichnen, was allen immer sehr viel Spaß gemacht hat. Zu Beginn habe ich Schablonen oder Vorzeichnungen vorbereitet gehabt, welche dann reihum gegangen sind, bis jeder ein schönes Motiv, größtenteils aufgrund der Jahreszeit weihnachtlich gehalten, auf seinem Blatt hatte und es wild in bunten Farben kolorieren konnte. Mit der Zeit bekamen die Kinder immer mehr Freiraum, was das Zeichnen anging und durften sich so verwirklichen, wie sie wollten. Dies fiel einigen Kindern leicht, andere hatten dabei Schwierigkeiten. Gegen Ende meiner Zeit im Projekt wurde aber jeder sicherer und es war toll und beeindruckend zu sehen, was die Kinder für Fortschritte gemacht haben, indem sie lernten, sich selbst und das was sie in ihrem Leben als wichtig erachten auszudrücken. 
Um 13 Uhr hieß es dann zusammenpacken und auf den Transporter warten, der mit kleiner Verspätung alle Kinder nach Hause brachte.

„Im Projekt war Eigenständigkeit gefordert“

Leonie: Alles in allem war es immer eine lustige Zeit, da die Kinder sich auch sehr gut selbst zu unterhalten wussten und sich für jede Idee offen zeigten. Wenn ich Sprachübungen mit ihnen versucht habe, geduldeten sie sich, bis jeder an die Reihe kam, um das vorgegebene Wort oder den Laut richtig zu wiederholen. Man konnte oder musste sehr eigenständig arbeiten und dies war manchmal eine Herausforderung, da die Vorgaben recht locker sind. Nach einer Weile lernt man Ablauf und Vorgaben kennen. Leider war ich zu meiner Zeit der einzige Volunteer und ich war sowohl im Haus als auch bei der Betreuung auf mich allein gestellt, bis dann nach einem Monat Verstärkung kam.

ManaTapu: Wie sieht die zusätzliche Arbeit mit den Straßenhunden aus?

Leonie: Die Arbeit mit den Hunden hat mich sehr begeistert. Hier hat die Absprache der Projektarbeit besser funktioniert, da Cristina, eine Privatperson, die sich um Straßenhunde kümmert und diese aufnimmt, einem meist verlässlich geschrieben hat und gute Anleitungen gab, die dank Cristina viel Spaß gemacht haben. Durch die Gespräche mit Cristina konnte ich insbesondere meine Spanischkenntnisse verbessern, da ich die Sprache im Dialog gut ausprobieren und anwenden konnte. Zusätzlich fanden die Unterhaltungen aber auch auf Englisch statt. Die Hunde waren allesamt sehr lieb und zutraulich und ich habe sie von der ersten Sekunde an ins Herz geschlossen. Es ist zwar kein Hundepark vor Ort, so wie ich es erwartet hatte, aber da man bei Cristina und ihren geretteten Hunden mithelfen konnte, kam man trotzdem auf seine Kosten. In der Zeit, die ich bei Spaziergängen oder beim Training mit den Hunden verbracht habe, hatte ich das Gefühl, dass ich mit der Arbeit wirklich etwas ändern kann. 


ManaTapu: Wie war der Sprachkurs und wie haben sich während deinem Aufenthalt deine Spanischkenntnisse entwickelt?

Leonie: Der Sprachkurs war sehr hilfreich, ich konnte davor kein bis wenig Spanisch und würde jetzt behaupten, dass ich mich sehr gut verständigen kann. Darüber hinaus war die Sprachlehrerin als Ansprechpartnerin vor Ort für mich da und hatte immer ein offenes Ohr. Sie hat mir auch nach dem Sprachkurs immer noch mit allen Bemühungen weitergeholfen und hatte viele Tipps für mich. Klar kann man eine Sprache nicht von einem auf den anderen Tag lernen, aber die Kenntnisse entwickeln sich mit der Zeit von selbst und entstehen hauptsächlich durch das Gespräch. Der Sprachkurs legt allerdings eine sehr gute Grundlage für diese Entwicklung und versorgt einen mit dem notwendigen Vokabular, wenn man zum Beispiel auf Reisen geht und ein Zimmer buchen, oder essen gehen will.

ManaTapu: Welche Tipps hast Du für Volunteers, die demnächst in das Land reisen? Gibt es etwas, das man unbedingt ausprobiert haben sollte?

Leonie: Man sollte auf jeden Fall versuchen sich an den ecuadorianischen oder allgemein südamerikanischen Lebensstil der Einwohner anzupassen, denn diese Erfahrung ist sehr wertvoll. Die Ecuadorianer kennen keine bis kaum Hektik. Dort werden Verabredungen locker gesehen und dies sollte man besonders als Deutscher nicht falsch verstehen. 
Unbedingt ausprobieren sollte man natürlich, wenn man schon an der Küste ist, das Surfen. Gerade in Montañita, was knappe zwei Stunden mit dem Bus entfernt liegt, gibt es zahlreiche gute und auch kostengünstige Surfschulen. 
Darüber hinaus ist Baños ein sehr empfehlenswertes Reiseziel vor Ort, in dem man besonders in Bezug auf Outdoorsport ein unglaubliches Angebot hat.

ManaTapu: Gibt es etwas, das man lieber nicht machen sollte?

Leonie: Meiner Meinung nach gibt es da nichts. Ich denke, man sollte alles mit einer gesunden Vorsicht betrachten, aber sich durch keine Vorurteile von irgendetwas abhalten lassen. Allerdings sollte man besonders als Mädchen aufpassen, da die Ecuadorianer nicht wirklich an Weiße gewöhnt sind und es sehr oft vorkommt, dass man blöd von der Seite angemacht wird.

ManaTapu: Gab es besondere Herausforderungen oder komplizierte Situationen?

Leonie: Komplizierte oder herausfordernde Situationen gehören immer dazu, das ist klar. Zum Beispiel waren die langen Busfahrten und die Orientierung am Terminal in Guayaquil nicht immer so einfach, aber wenn man nachfragt, bekommt man immer Hilfe. 
Was auch sehr herausfordernd war, war dass man bei der Projektarbeit komplett auf sich alleine gestellt war und nur wenige Orientierungspunkte bekommen hat. Mit der Zeit hat man den Dreh zwar raus aber es war, auch durch die Sprache und das Verständnis bedingt, am Anfang sehr überfordernd.

ManaTapu: Siehst du das Land und Lateinamerika jetzt mit anderen Augen?

Leonie: Ja, ich sehe Ecuador jetzt mit anderen Augen. Was mich überrascht hat war, dass dieses recht arme Land großen Aufwand betreibt, den Tourismus zu beleben. Darauf wird viel Wert und Mühe gelegt. Darüber hinaus ist es auch überwältigend zu sehen, wie sehr das Land von Großkonzernen in Beschlag genommen ist. Innerhalb des Projektes habe ich mich gewundert, dass die Kinder zum Mittagessen kein frisches und gesundes Obst oder Gemüse vom Markt mitgegeben bekommen, sondern abgepackte Süßigkeiten und ungesundes Essen. Dabei ist ersteres viel günstiger.

ManaTapu: Wie viel Kontakt hattest du mit der Bevölkerung vor Ort?

Leonie: In Salinas hatte ich eigentlich kaum Kontakt zu der Bevölkerung, sondern habe quasi an den Menschen vorbei gelebt. In Montañita allerdings habe ich sehr viele Leute, auch Einheimische, kennengelernt und habe es genossen, viel Kontakt zu ihnen zu haben.

ManaTapu: Wie fühlt sich der Wechsel der Kulturen an?

Leonie: Zuallererst musste man sich natürlich an das andere Klima gewöhnen und daran, dass man eigentlich durchgehend schwitzt, vor allem wenn man sich in der Sonne aufhält. Hiermit war auch die hygienischen Umstellung verbunden: Sowohl bei der Essenszubereitung, und -aufbewahrung, als auch beim Kauf von Lebensmitteln, darf man einfach nicht pingelig sein und sollte die allgemeine Hygiene nach ecuadorianischen Standards betrachten. Dann ist nach einiger Zeit auch diese Umstellung kein großes Problem. Auch beim Busfahren bedarf es einer kleinen Eingewöhnungszeit, da man sich in Ecuador einfach an den Straßenrand stellt und ein bis zehn Minuten wartet, bis der nächste Bus kommt, der dafür aber gerade einmal 30 Cent kostet.

"Ecuadorianer hupen in fast jeder Situation"

Auch war es für mich eine Umstellung, mich daran zu gewöhnen, dass einem als Frau häufig nachgerufen, oder -gehupt wird. Ecuadorianer hupen in fast jeder Situation, ob im Verkehr, oder zum Gruß. Es ist in Ecuador normal, einfach auf offener Straße angesprochen zu werden.

ManaTapu: Würdest du noch einmal an einer Freiwilligenarbeit teilnehmen?

Leonie: Generell ja. Ich würde noch einmal an einer Freiwilligenarbeit teilnehmen. Allerdings unter anderen Bedingungen. Es müsste (auch im Projekt) einen ständigen Ansprechpartner geben und auch andere Voluntäre, mit denen man sich absprechen oder austauschen kann. Bei Pia fand ich es etwas enttäuschend, dass sie aus meiner Sicht zu wenig Unterstützung gegeben hat. Darüber hinaus wären mehr Information über das Land und über Dinge, die man in der Nähe unternehmen kann, von Vorteil.

ManaTapu: Danke für das Feedback. Das Projekt ist ja noch in der Entwicklung und wir werden mit Pia reden, damit die Einrichtung besser vorankommt und auch die Volunteers richtig unterstützt werden. Hattest du sonst das Gefühl, etwas bewirken zu können?

Leonie: Ich hatte das Gefühl, dass ich das Projektteam in Salinas während meines Aufenthaltes sinnvoll unterstützen und dazu beitragen konnte, dass die Kinder tagsüber gut beschäftigt waren. Es war toll, die Freude in den Augen der Kinder zu sehen und auch wenn sich an deren Lebenssituation unmittelbar nicht viel ändern lässt, kann dazu beigetragen werden, ihnen das Leben für einen Moment zu verschönern. Und das allein war schon Grund genug für mich, es zu machen.