Leonie berichtet aus Briceño

Das tägliche Chaos in Quito

ManaTapu: Ist Deine Anreise nach Ecuador gut verlaufen?

Leonie: Ja! Ich wurde direkt vom Flughafen abgeholt und, nach einer kurzen Tour durch Guayaquil, an einem sehr großen und schicken Haus abgesetzt um mich dort kurz auszuruhen und essen zu können. Dann wurde ich von Malena und Jorge (vom ManaTapu-Team; Anmerkung der Redaktion) abgeholt, die mich nach Salinas gefahren haben. In Salinas hatte ich ein eigenes Haus, Frühstück, Abendessen und eine super nette Gastgroßmutter, mit der ich mich gerne jeden Abend über die verschiedensten Themen unterhalten habe. Sie hat mir auch ein Fahrrad ausgeliehen, daher konnte ich immer sehr gut entlang des "Malecons" (der Promenade; Anmerkung der Redaktion) zum Sprachkurs fahren.

ManaTapu: Welche waren Deine allerersten Eindrücke?

Leonie: Der erste Eindruck von Ecuador war mein Flug von Quito nach Guayaquil, der 2 Stunden Verspätung hatte. Und die chaotische, aber doch freundliche Art des Flughafenpersonals damit umzugehen. In Guayaquil war der Eindruck ähnlich: Alles sieht sehr überfüllt und unstrukturiert aus, aber die Ecuadorianer finden sich in diesem "Chaos" sehr gut zurecht.

ManaTapu: Das hört sich nach Ecuador an! :-) Du hast den Sprachkurs schon erwähnt - wie war er?

Leonie: Meine Spanischlehrerin war freundlich und wirklich gut! Insbesondere konnte sie mir die Unterschiede zwischen Spanien- und Ecuador-Spanisch erklären, was nicht zu unterschätzen ist. In den ersten Stunden hatten wir Theorie, dann hatte ich eine Stunde Zeit zum Essen, und nachmittags sind wir dann zum Markt, in Hotels und Restaurants, um die Theorie in Praxis umzusetzen.

ManaTapu: Bist Du mit dem bisherigen Verlauf deines Auslandsaufenthalts und der Betreuung durch das  ManaTapu-Team zufrieden?

Leonie: Definitiv! Alle hier sind sehr nett und zuvorkommend, und mit Jorge bin ich schon zu sehr vielen verschiedenen und interessanten Orten und Projekten gefahren.

Freilufttoiletten und Bambushäuser

ManaTapu: Wie gefällt Dir Deine Unterkunft?

Leonie: Ich mag die Unterkunft! Wir schlafen in Zelten in unmittelbarer Nähe von der selbstgebauten Lehmküche, in der selten etwas fehlt. Zudem gibt es zwei Open-Air-Toiletten und -Duschen, was in der Regenzeit etwas unpraktisch sein kann, aber sonst eine ganz witzige Erfahrung ist. Für die Sportlicheren gibt es hier eine Slackline, Hula-Hoop Reifen, Yogamatten und ein selbstgebautes Rec, das heißt es wird nie wirklich langweilig. Der Strand ist ca. 10 Minuten zu Fuß entfernt. Wenn man einen etwas lebendigeren Strand möchte, kann man mit dem Bus oder per Anhalter zum 7 Kilometer entfernten Canoa-Beach fahren. Das Camp Samán, in dem die Betroffenen des Erdbebens wohnen, ist ca. 20 min mit dem Auto entfernt.

ManaTapu: Welche Aufgaben hast Du im Projekt?

Leonie: In den ersten Wochen habe ich geholfen, Material für Beete zu sammeln - zersetztes Pflanzenmaterial und Blätter aus dem Wald, und Kuhdung frisch vom Feld. Das haben wir zusammen mit unserem Kompost, der täglich gewendet werden muss, vermischt um Gurken, Salat, Tomaten, Karotten, Kräuter und vieles mehr für die Menschen im Camp Samán anzubauen. Ein anderes Projekt ist die Errichtung von Häusern für diejenigen, die seit dem Erdbeben in Konstruktionen aus Bambus und Werbeplakaten aus Plastik wohnen. Ansonsten gibt es auch viel in unserer eigenen Unterkunft zu tun, um produktiv arbeiten zu können. Darunter zählt das Buddeln von Gräben, damit unsere Zelte nicht vollaufen, die Ausbesserung von Dächern, oder auch andere Dinge, um es etwas gemütlicher zu haben (eine Schaukel bauen, Bänke und Stühle anmalen und vieles mehr).

"Die Ecuadorianer sind sehr tapfer! Es ist faszinierend, wie sie es schaffen, sich mit so wenig zu versorgen."

Ansonsten bin ich, wie schon erwähnt, oft mit Jorge zu Projekten gefahren. Das waren zum Beispiel eine öffentliche Bibliothek für Kinder, Grundstücke, die sich ausschließlich selbst versorgen und daher bereits riesige Plantagen verschiedener Früchte und mehr angebaut haben, oder auch die Suche nach einem Grundstück, wofür wir mit Macheten durch den Dschungel gelaufen sind. An einem Tag durfte ich auf die Kinder aufpassen. Ich glaube das Bild spricht für sich selbst. :-) Momentan arbeite ich mit einer sehr kreative Freiwilligen an der Gestaltung des Büros, was super viel Spaß macht.

ManaTapu: Wie ist der typische Tagesablauf?

Leonie: Normalerweise stehen wir um 8 Uhr auf um zu frühstücken und den Tag zu planen. Je nachdem, was in der Unterkunft zu tun ist, bleiben wir entweder hier oder fahren zum Camp. Es geht also um 9 Uhr los, dann arbeiten wir bis zum Mittagessen gegen eins, und im Anschluss noch so lange bis alle sich einig sind dass es für den Tag reicht - was zeitlich stark variieren kann. Trotzdem hatten wir immer genug Zeit um nach der Arbeit zur Brauerei mitten im Nirgendwo, nach Canoa oder zum Strand zu gehen. Abends gucken wir entweder einen Film, spielen, reden, oder sitzen bei einer Jamming-Session am Lagerfeuer. An den Wochenenden ist auch mal ein Ausflug an die "Partymeile" Canoas möglich. Es ist nicht sehr groß, aber dafür sehr beliebt und belebt.

Ein günstiges Galapagos und Silvester in Ecuador

ManaTapu: Was hast Du in Deiner Freizeit bisher so erlebt?

Leonie: In Salinas habe ich immer schöne Ausflüge mit meiner Gastfamilie gemacht und wurde sogar zum Brunchen bei Freunden eingeladen. Außerhalb des Camps sind wir ein paar Mal nach Canoa oder San Vincente gefahren um ein bisschen von der Umgebung zu sehen, und abends zu tanzen. Demnächst würde ich gerne nach Puerto López, welches mir von einem anderen Freiwilligen als das "Cheap Man's Galapagos" ans Herz gelegt wurde.

ManaTapu: Welches bisherige Erlebnis wird Dir wahrscheinlich lange in Erinnerung bleiben?

Leonie: Ich war über Weihnachten und Sylvester hier. Da wir dafür zum Camp Samán gefahren sind, konnte ich die traditionelle Art diese Feste zu feiern erster Hand miterleben. Es wurde getanzt, gegessen, mit den Kindern gespielt und an Sylvester wurde ein selbstgemachter Pappmache-Dummy mit Feuerwerk in die Luft gejagt. In Ecuador ist es Tradition an Silvester um Punkt Mitternacht eine Puppe zu verbrennen, die alle schlechten Dinge des letzten Jahres repräsentiert. Die Camp-Gemeinde hat dafür ganz simpel, aber sehr aussagekräftig "Terremoto" (Erdbeben) auf ein Stück Pappe geschrieben und an die Puppe geheftet. Es war sehr rührend und es sind auch einige Tränen geflossen.

ManaTapu: Was würdest Du sagen? Die Ecuadorianer sind...

Leonie: ...sehr tapfer! Gerade die Menschen, die wir kennengelernen durften, arbeiten viel um - wenn auch nur annähernd - dasselbe Leben wie vor dem Erdbeben zu haben, und dabei schaffen sie es immer mit einem Lächeln durch den Tag zu gehen. Es ist zudem faszinierend, wie sie es schaffen sich mit so wenig (und ein bisschen Hilfe unsererseits) zu versorgen.

ManaTapu: Liebe Leonie, ich bedanke mich für dieses Gespräch. Ich denke, unsere Leser und zukünftigen Volunteers haben einen guten Eindruck von Ecuador und dem Erdbeben-Projekt bekommen.

Leonie: Das hoffe ich!

ManaTapu: Abschließend noch eine Frage ... hast Du allgemeine oder ganz konkrete Tipps bzw. Verbesserungsvorschläge für uns bei ManaTapu?

Leonie: An sich gibt es nichts, was mir hier nicht gefällt. Das Camp wird stets verbessert und es gibt viele Aufgabenbereiche, in denen man arbeiten kann. Ich konnte viel von der Umgebung sehen und habe viel Freizeit, die ich mit wunderbaren Menschen verbringen kann.

Leonie und die Kinder haben Spaß
Leonie und die Kinder haben Spaß
Achtung ... Selfie mit der Freiwilligen aus Deutschland!
Achtung ... Selfie mit der Freiwilligen aus Deutschland!
"Kriegsbemalung" für den Projekteinsatz :-)
"Kriegsbemalung" für den Projekteinsatz :-)
Leonie ganz konzentriert als Lehrerin
Leonie ganz konzentriert als Lehrerin